Weihnachten ist in der Gassenküche ganz weit weg, Lui Eigenmann TG-Nachrichten, Dezember 2015


 – Sandra Kern

Obwohl der 25. Dezem­ber kein Mittwoch ist, öffnet die Gassenküche in diesem Jahr seine Türen. An Wei­h­nacht­en selbst
ist für viele der Gäste aber den­noch nicht zu denken.

Frauen­feld Wei­h­nachtss­chmuck auf den Tis­chen oder an den Fen­stern sucht man in der Frauen­felder Gassenküche auch acht Tage vor Heili­ga­bend vergebens. Einzig ein paar Teelichter auf den Tis­chen strahlen ein wenig Wärme aus. Mehr sei nicht gewün­scht, klärt San­dra Kern, Lei­t­erin der Gassenküche, auf: «Viele mein­er Gäste haben keine guten Erin­nerun­gen an die Wei­h­nacht­szeit oder ver­mis­sen einen Ange­höri­gen. Wir vom Gassenküchen-Team haben darum beschlossen, dass Wei­h­nacht­en draussen bleiben muss.»

Eine grosse Familie
Ver­misst wird das Lamet­ta auch am Stammtisch nicht, da sitzen am ver­gan­genen Mittwoch Jolan­da, Agnes, Mar­co und Bruno ger­ade beim Mit­tagessen. Es gibt Reis mit Poulet und Erb­sen, dazu eine Brot­suppe und Salat. Die Stim­mung ist gut bei der Vier­ergruppe. Der Mittwoch sei der schön­ste Tag der Woche, so Jolan­da nach­den­klich: «Für mich sind San­dra Kern und ihr Team Engel. Wir alle dür­fen hier Woche für Woche, wie in ein­er grossen Fam­i­lie ein paar schöne Stun­den ver­brin­gen, dabei wer­den wir auch noch bedi­ent wie in einem Restau­rant. So etwas gibt es wohl nur in Frauenfeld.
» Das kleine Grüp­pchen am Stammtisch ist eine eingeschworene Truppe, man ist über die Jahre zu Fre­un­den gewor­den, küm­mert sich umeinan­der und trifft sich auch ein­mal zum Spiel­nach­mit­tag bei Agnes im 7. Stock. Alle sind sie bereits
seit mehreren Jahren Gäste in der Gassenküche und alle haben sie eine schwierige Geschichte. Agnes, die beste Fre­undin von Jolan­da, macht daraus keinen Hehl: «Ich lebe am Exis­tenzmin­i­mum, da bin ich natür­lich froh, wenn ich ein­mal in
der Woche für nur 3 Franken ein Menü bekomme.» Die aufgestellte Dame mit der sil­ber­far­be­nen Brille auf der Nase ist meist als erste in der Gassenküche, oft bringt sie etwas selb­st gemacht­es mit, so auch an diesem Mittwoch. In kleine Gläschen hat sie frische Quit­tenkon­fitüre abgefüllt.

Viele Anmel­dun­gen für den Weihnachtstag
In diesem Jahr begin­nt San­dra Kern mit ein­er neuen Tra­di­tion. Sie öffnet zusam­men mit ihrem Team die Gassenküche an Wei­h­nacht­en. «Viele Gäste sind an Wei­h­nacht­en alleine, damit ihnen nicht die Decke auf den Kopf fällt, bere­it­en wir
ein Festmahl zu», so die Lei­t­erin der Gassenküche. Am ver­gan­genen Mittwoch kon­nte man sich erst­mals für diesen Tag anmelden. Die Talons, die auf den Tis­chen bere­it lagen, füll­ten sich schnell. 50 wer­den sich­er kom­men, schätzt Kern.
Mit dabei sein wird auch Bruno vom Stammtisch, er hat seinen Namen gle­ich einge­tra­gen, auch wenn zu diesem hohen Feiertag in der Gassenküche nicht deko­rtiert wird.

16 aus­ge­set­zte Hüh­n­er wer­den zum Festmahl
Vor weni­gen Wochen set­zte ein 23–jähriger Schweiz­er in Hap­per­swil 150 Mas­thüh­n­er aus. Bei den Tieren han­delte es sich um soge­nan­nte Mast­poulets. Eine Schlach­tung war auf­grund der Genetik, die Tiere müssen inner­halb von fünf Wochen die
Schlachtreife erre­ichen, unver­mei­d­bar. Krank waren die Tiere nicht. Nun lan­den 16 der Hüh­n­er am 25. Dezem­ber auf den Tellern der Gassenküche und wer­den zum Festmahl. Auf die Idee kam das Vet­er­inäramt, welch­es direkt bei der Gassenküche anfragte.