Sandra Kern, Leiterin der Gassenküche, schöpft Spaghetti. (Bild: Evi Biedermann)
FRAUENFELD. In der Frauenfelder Gassenküche haben am Sonntag 190 Personen gegessen. Für einmal waren es nicht Menschen am Existenzminimum, sondern solche mit einem spendierfreudigen Herz.
EVI BIEDERMANN
Im Gang roch es nach würziger Pastasauce, und der Lärmpegel im oberen Stockwerk deutete auf eine stattliche Gesellschaft hin. So war es auch: In der Frauenfelder Gassenküche herrschte am Sonntag Hochbetrieb. Wo normalerweise Platz ist für etwa 35 Personen, suchten plötzlich so viele nach einem Sitzplatz, dass auch der angrenzende Raum zum Esszimmer wurde. Die Tische in beiden Räumen waren ständig besetzt, und vor dem Fasstisch bildete sich zeitweise eine lange Schlange. Dort konnte man sich Spaghetti schöpfen lassen. Zur Auswahl standen dreierlei Saucen in Rot, Crème und Grün. Käse, Salat und Wasser waren bereits auf den Tischen, die zudem mit Röschen oder kleinen Tulpen dekoriert waren.
Keine grossen Sprünge
Dies alles hatte das Gassenküchen-Team für seine Sponsoren und Spenderinnen zubereitet, welche die Gassenküche mit Lebensmitteln, Geld oder anderwertig unterstützen. «Einmal im Jahr machen wir das», sagt Leiterin Sandra Kern, «wir sind dankbar für alles, was uns immer wieder zukommt.» Die Gassenküche lebt vor allem von Spenden und Sponsoren. Die Einnahmen aus den 40 bis 50 Mittagessen, die jeden Mittwoch für Sozialhilfeempfänger und Menschen am Existenzminimum zubereitet werden, decken den Betriebsaufwand bei weitem nicht. Lediglich drei Franken bezahlen die Gäste für ein Vier-Gänge-Menu inklusive Tee und Kaffee. Grosse Sprünge liegen da bei der Menuplanung nicht drin. Gemüse und Salat sind aber immer Beilagen der Mahlzeiten.
Kern nennt die Besucher der Gassenküche Gäste. So nimmt sie sich auch an diesem Sonntag Zeit, die wenigen, die gekommen sind, persönlich zu begrüssen. «Unglaublich, was die Frau und ihr Team alles leisten», bemerkt eine ältere Frau am Tisch voller Bewunderung und steckt Kern ein rotes Couvert zu, als diese wieder vorbei wirbelt. Ein kurzes Händedrücken, wenig Worte, dafür ein tiefer Blick in die Augen – mehr braucht es nicht, um sich zu verstehen. Auch ein Ehepaar aus Warth äussert sich lobend. Die beiden sind Mitglied der Chrischona-Gemeinde und zusammen mit anderen Kirchgängern in die Gassenküche gekommen. «Wir sind hier und unterstützen etwas Gutes.»
Wertschätzung von aussen
Gutes unterstützen, das heisst an diesem Sonntag auch, etwas in den Spendentopf zu legen. Bei 190 Mahlzeiten, die über den Schöpftisch gegangen sind, ist einiges zusammengekommen. Gezählt ist das Geld noch nicht, doch als sich der Saal gegen 14.30 Uhr leert, ist der Topf mit gelben, roten und grünen Nötli gut gefüllt. Kern wirkt erschöpft, aber glücklich. Auch wenn die Gassenküchen-Leiterin längst und immer wieder Anerkennung von ihren bedürftigen Gästen erhält: Heute haben ihr Menschen die Wertschätzung gezeigt, denen es besser geht. Mit ihrem Besuch, einem festen Händedruck und herzlichen Worten. Das Geld rückt in diesem Moment in den Hintergrund. Zählen, das kann warten.